Vermutlich war den meisten Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen sowie ihren Arbeitgebern bzw. Arbeitgeberinnen bisher die Existenz und der Inhalt des Infektionsschutzgesetzes kaum bewusst. Zum Glück, denn es gab nur verhältnismäßig  wenige Situationen, über die Folgen einer Epidemie oder Pandemie nachzudenken.

Nun werden anlässlich des massiven Auftretens des Corona-Virus Covid-19 (SARS-CoV-2) vom Staat vielfältige Einschränkungen des Lebens zu aller Sicherheit verordnet. Spätestens anlässlich konkreter Quarantäne-Verpflichtungen fragen sich Verbraucher und auch Selbstständige, welche wirtschaftlichen Folgen dieses individuell für sie haben wird. Auch Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen, die ihre Leistungen, ihre Produktion einschränken und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter faktisch nicht beschäftigen können, bekommen die Folgen unmittelbar wirtschaftlich zu spüren. Es stellt sich die Frage, welche Hilfen es gibt. Der folgende Artikel soll einen ersten Überblick geben, kann aber nicht jedes Detail – auch unter der sich täglich weiter entwickelnden Situation - darstellen. Intensive Information und in manchen Fällen rechtliche Beratung werden für Betroffene erforderlich sein.

Bei der Quarantäne von Personen, gesetzlich oft als „Absonderung“ bezeichnet (§ 30 Abs. 1 S. 2 Infektionsschutzgesetz, IFSG), stellt sich sofort die Frage der Betroffenen, ob und unter welchen Bedingungen sie ihr Arbeitsentgelt erhalten. Die Arbeitgeber fragen sich, ob und in welchem Umfang sie mit Lohnfortzahlung belastet sind, ohne Leistung der Arbeitnehmer.

I. Quarantäne

1. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Personen, für die diese Quarantäne angeordnet wird, haben einen Anspruch auf Entschädigung, sobald die Arbeitgeberseite keine Entgeltfortzahlung mehr leistet. Denn ihre Angestellten können ja nicht mehr arbeiten (sieht man von milden Umständen ab, die Homeoffice-Tätigkeiten ermöglichen).

Zunächst besteht die Entschädigung in Höhe einer Entgeltfortzahlung, die wie bei Arbeitsunfähigkeit geregelt ist. In den ersten sechs Wochen wird die Entschädigung in Höhe des Verdienstausfalls gezahlt (§ 56 Abs. 1 S. 2., Abs. 2 S. 1 IFSG). Die Auszahlung erfolgt durch die Arbeitgeberseite. Derzeit besteht die Rechtsauffassung, dass es sich aber nicht um eine Entgeltfortzahlung im Krankheitsfalle handelt, weil die Mitarbeiter bzw. Mitarbeiterinnen ja nicht wegen Krankheit ausfallen, sondern wegen der behördlichen Anordnung der Quarantäne. Diese Entschädigung nach den Infektionsschutzgesetz habe Vorrang, was auch wichtig für die Arbeitgeberseite ist (s. unten Ziff. 3).

Ab der siebten Woche greifen Regelungen, die dem gesetzlichen Krankengeldanspruch entsprechen. Eine Einschränkung besteht insofern, als nach dem IFSG der Verdienstausfall die jeweilige Jahresarbeitsverdienstgrenze für die gesetzlichen Krankenversicherungspflicht nicht übersteigen darf. Der Verdienstausfall wird gemäß § 14 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) auf der Grundlage des Bruttoverdienstes abzüglich Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen berechnet. Besonderheiten der Berechnung bestehen bei Kurzarbeitergeld (s. unten Ziff. II) und – jahreszeitabhängig – bei einem eigentlich vorhandenen Anspruch auf Zuschusswintergeld (Baubranche). Diese Leistungen werden grundsätzlich zusätzlich zur Entschädigung gezahlt, wobei niemand mehr erwarten kann, als er netto verdient hat. Detailfragen und –berechnungen bedürfen der individuellen Abklärung.

2. Selbstständige

Selbstständige könnten auch von der Anordnung einer Quarantäne betroffen sein. Wer dann nicht mehr seinen Betrieb aufrecht erhalten kann, wäre schnell am Rande der Existenzgefährdung. Deshalb greifen die Regelungen sinngemäß auch für Selbstständige. Diese können einen Entschädigungsanspruch gegenüber dem zuständigen Bundesland geltend machen. Dieser betrifft nicht nur die Sicherung ihres eigenes – privates – Auskommens, sondern auch nicht mehr durch Einkünfte gedeckte, laufende Betriebsausgaben (§ 56 Abs. 4 IFSG). Die reguläre wirtschaftliche Situation muss der Selbstständige anhand seiner Jahresgewinnberechnung, der BWA oder anhand einer Bescheinigung seines Steuerberaters nachweisen. Nur so kann im Verhältnis zur akuten Situation der Ausfallschaden als Grundlage für einen Entschädigungsantrag berechnet werden.

3. Die Situation des Unternehmens

Wenn ein Arbeitgeber für sechs Wochen eine Entschädigung an Mitarbeiter zahlen muss, so hat er nach dem Infektionsschutzgesetz gegenüber dem Bundesland einen Anspruch auf dessen Erstattung (§ 56 Abs. 5 S. 2, 3 IFSG). Anderenfalls wäre seine Existenz schnell akut gefährdet, denn er ist für einen solchen, aus außergewöhnlichen Umständen auftretenden Schaden nicht versichert. Der Anspruch ist auch eine Folge der Rechtsauffassung, dass die Mitarbeiter keine Lohnfortzahlung im Krankheitsfalle erhalten, sondern durch behördliche Anordnung an ihrer Arbeitsleistung gehindert werden. Somit ist der Staat verpflichtet, daraus entstehende Folgen zu mildern bzw. auszugleichen, da er in die Grundrechte der Arbeitgeber auf Eigentum und Berufsfreiheit eingreift.

II. Kurzarbeit

1. Die Situation des Unternehmens

Ist ein Unternehmen allerdings nicht aufgrund einer unmittelbar auf seine Arbeitnehmer wirkenden behördliche Maßnahme gehindert, seinen Betrieb ganz oder teilweise aufrecht zu erhalten, sondern durch die mittelbaren Folgen solcher Maßnahmen, durch Lieferengpässe oder auch durch die Anordnung von Geschäftsschließungen (Geschäfte, die keiner unmittelbaren Grundversorgung dienen, Restaurants, Bars, Clubs etc.), so steht ihm die Möglichkeit offen, Kurzarbeit anzuordnen. Dann kann bei der Arbeitsagentur Kurzarbeitergeld beantragt werden. Ganz wichtig ist dabei, dass Unternehmen darauf achten, als ersten Schritt die Kurzarbeit bei der Arbeitsagentur zu melden. Die Arbeitsagentur ist dann verpflichtet zu prüfen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anordnung von Kurzarbeit im Einzelfall gegeben sind. Erst wenn dieses von ihr festgestellt wird, kann im zweiten Schritt von Arbeitgeberseite die Gewährung von Kurzarbeitergeld beantragt werden.

2. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Sind die Voraussetzungen für Kurzarbeit gegeben, richten sich die Ansprüche der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach den diesbezüglichen gesetzlichen Vorschriften und Berechnungsgrundlagen (Links dazu unten bei Ziff. IV). Sie erhalten grundsätzlich 60 Prozent des sog. pauschalierten Netto-Entgelts. Dieses erhöht sich auf 67 Prozent, falls mindestens ein Kind mit im Haushalt lebt. Kurzarbeitergeld wird für maximal zwölf Monate gewährt.

III. Fristen beachten !

Alle Berechtigten, die Entschädigungsansprüche wegen Quarantäne (Absonderung) gegenüber den zuständigen Behörden (Gesundheitsämter, Versorgungsämter, je nach Anspruch und Bundesland) geltend machen wollen, müssen beachten, dass es hierfür eine Ausschlussfrist gibt. Die Anträge müssen spätestens drei Monate nach Beendigung der Absonderungsmaßnahme dort eingegangen sein.

IV. Links

Das Internet ist derzeit voller Hinweise zu verschiedenen Themen rund um die Folgen von Corona. Deshalb hier nur beispielhafte Links zu angesprochenen Themen:

Für abgesonderte Personen etc. interessant:

https://service.hessen.de/html/Infektionsschutz-Entschaedigung-bei-Taetigkeitsverbot-7023.htm

Für Unternehmen mit Kurzarbeit interessant:

https://www.arbeitsagentur.de/news/kurzarbeit-wegen-corona-virus

Für Mitarbeiter, die von Kurzarbeit betroffen sein werden ist hier die aktuelle Berechnungstabelle der Arbeitsagentur für die Höhe des Kurzarbeitergeldes 2020 einzusehen:

(c) Rechtsanwalt Joachim Drinhaus, Sulzbach (Taunus)

Bearbeitungssstand: 17.03.2020